Herzog Heinrich d. J. von Braunschweig ließ 1533 ein Gasthaus erbauen....

Von Dr. Kurt K r o n e n b e r g

Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig
Herzog Heinrich d.J.
von Braunschweig

Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig (1489-1568) hegte eine Vorliebe für die Stadt Gandersheim und weilte hier alljährlich längere Zeit. 1534 ließ er durch seinen Kanzler eine "Ordnung der Hoflager" ausarbeiten und gab allen Beamten und Untertanen kund: "Wo und wie lange mein gnädiger Herr die Hoflager haben und halten will". Darin heißt es:
"Erstlich will mein gnädiger Herr sein Hoflager vom Martini bis an Mittfasten Laetare zu Gandersheim halten, sind 16 Wochen". Das war die Zeit vom 11.November bis Mitte März. Sonst residierte er nur noch in Wolfenbüttel und im Jagdschloss Fürstenberg an der Weser (Handelsbuch Herzog Heinrichs im Staatsarchiv Wolfenbüttel 16 Alt Reihe I Nr.2 Blatt 130). Auch außerhalb dieser Zeit weilte der Fürst in Gandersheim, wenn es die Staatsgeschäfte erforderten oder ihn persönliche Bindungen wie die zu Eva von Trott hier fesselten. Nach ihm residierte sein Sohn und Nachfolger Herzog Julius (1568-89) mehrfach hier.

Für Herzog Heinrich selbst war 1530 die alte Burg seiner Vorfahren neuzeitlich eingerichtet worden, wobei besonderer Wert darauf gelegt wurde, dass sie fest war, denn er war ein kriegerischer Herr und hatte viele Feinde.
Da er auch während seines Aufenthaltes in Gandersheim regiert, musste eine Kanzlei eingerichtet werden; Kanzler, Räte und Sekretäre waren unterzubringen. Eine starke Leibwache sorgte für seine Sicherheit; ein Marschall, Hauptleute und Landsknechte waren um den Herzog. Notwendig waren ein Arzt, Apotheker, Barbier und Kämmerer, nicht zuletzt Mundkoch, Weinkellner, Büchsenmeister, Jäger und viele andere. Deshalb wurden in jener Zeit viele Häuser in der Stadt von herzoglichen Beamten und Dienern gekauft, gemietet oder neu erbaut.

Residierte der Herzog hier, dann kamen viele Besucher, sei es, dass er sie befohlen hatte, um ihnen Aufträge zu erteilen, mit ihnen zu verhandeln oder Streitigkeiten zu entscheiden; sei es, dass sie ein Anliegen vorbringen wollten. Für alle waren Unterkünfte erforderlich.
Es war deshalb Herzog Heinrich, der den Bau eines Gasthause unmittelbar vor der Burg anregte und förderte. Er wurde dadurch Gründer des damaligen Hotels "Römischer Kaiser". Am 1. Oktober 1533 schloss er mit einem ihm bekannten Weinschenken aus der Stadt Braunschweig einen Vertrag ab, den ein Kanzleibeamter in sein Handelsbuch eintrug (wie oben Nr.1 Blatt 122):


"Zu wissen , dass der durchlauchtigste hochgeborene Fürst und Herr, Herr Heinrich der Jüngere, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, mein gnädiger Herr, auf heut dato mit Peter Rigler, ist zur Zeit sein der fürstlichen Gnaden Weinkellner, nachbeschriebenen Abschied gemacht und gnädiglicht bewilligt hat: Dass seine fürstliche Gnaden gedachtem Peter Rigler binne Gandersheim auf dem Platz beneben dem Amtmann ein neu Haus vor nächst Pfingsten aufrichten, das mit Ziegeln decken, allenthalben ein Keller, Schornstein mit Steinen untermauern, darein zwei Boden liegen und dem Eingebäude alle das Holz frei, auch Steine und Kalk vor das Haus Führen und hundert Gulden Münze zu zween Terminen, nämlich Pfingsten und Egidi, und solch Haus Peter Riglern und seinen Erben zu eigen, auch dass er darein Wein und allerlei Bier für seine Gäste ohne einiges Ziese (=Getränkesteuer) ausschenken möge, verschreiben lassen will.

Dagegen Peter Rigler in untertäniger Dankbarkeit sich wiederum gegen hochgedachten Fürsten verpflichtet, dass er in solchem Haus 3 oder 4 Stuben und etliche Kammern nach Notdurft anrichten und sich darin also schicken will, dass er offene Gastung halten möge, und in solchem Haus vor 
St. Michaelstag (=29.September) nachfolgenden (Jahres), so man der weniger Zahl 34 schreiben wird, mit seiner Hausfrau ziehen, darinnen wohnen, mittlerzeit auch ab und an seiner fürstlichen Gnaden und desselben Erben seines Vermögens und höchsten Fleißes, dieweil er des alters und krankheitshalber nicht benehmen (verhindert) sein wird, getreulich dienen und die Zeit seines Lebens unter demselben bleiben.

Die herzogliche Burg nach Merian
Die herzogliche Burg nach Merian

Des zu wissentlicher Urkund seind dieser Zettel zween gleichlauts in einer Handschrift aufgericht, durch hochgedachten Fürsten und Peter Rigler unterschrieben und auseinandergeschnitten, den einen (hat) sein fürstlich Gnaden behalten und Peter Rigler den anderen gegeben. 
Geschehen am Mittwoch nach Michaelis (=1.Oktober) Anno 1533".


Der Name des ersten Gastwirts vom "Römischen Kaiser" taucht in einer Flugschrift gegen Herzog Heinrich noch einmal auf. 1540 wird berichtet, dass die Gäste, welche zu seiner Hochzeit reisen wollten, von Landsknechten der Stadt Braunschweig überfallen wurden. Die Stadt Braunschweig befand sich damals in heftiger Fehde mit Ihrem Herzog, was die Untertanen büßen mussten. Er wird dabei "Peter Weinschenk" oder Rigler, Bürger zu Braunschweig genannt.
Herzog Heinrich hatte kein Recht gehabt, über die Hausstätte des Römischen Kaisers zu verfügen, denn Grund und Boden gehörten dem Reichsstift. Er besaß aber die Macht und tat es trotzdem. 
Erst nachdem 1547 Magdalena von Chlum Äbtissin geworden war, wagte es das Reichsstift, seine Rechte geltend zu machen. Zwar konnte der Bau des Gasthauses nicht rückgängig gemacht und der Gastwirt bei seiner Tätigkeit nicht behindert werden, aber er wurde Veranlasst, die Pacht an die Abtei zu zahlen, was damals in Form eines Kaufvertrages auf Lebenszeit geschah.

Durch die Urkunde vom 27. April 1556 erfahren wir von dem neuen Besitzer des Römischen Kaisers. Sie ist nicht ganz leicht zu deuten, aber für uns genügt der Schluss, den wir ziehen können, dass es sich um das von Herzog Heinrich gewünschte und geförderte Gasthaus handelt: Die Urkunde lautet:

"Wir Margarete, von Gottes Gnaden Äbtissin zu Gandersheim, geborene von Columna, tun hiermit kund: Nachdem das Eckhaus vor der Burg, das ist und Hans Köhler anders Weinschenk genannt bewohnet, Grund und Boden auch des vorigen Hauses, uns und unserer Kirche zuständig gewesen, dass die Hälfte der Stätte nach dem Wasser (Burggraben) unserem gnädigen Herrn und Landesfürsten zuvor gegeben und das neugebaute Haus fast in fremde Hände verkauft und gekommen ist, dass wir dieselbe unsere Stätte an dem vorbenannten Haus und Hof verkauft haben und gegenwärtig verkaufen an Hans Köhler oder Weinschenk für jährlichen Pfahlzins von 5 Körtling" (VII B Hs 28 Blatt 59 R).
Hans Köhler erhielt seinen Beinamen, weil ein zweiter Gandersheimer Bürger so hieß. Bürgermeister Hans Köhler war älter und starb vor 1568. Hans Köhler oder Weinschenk stammte aus der Stadt Gandersheim, war mit Anna, der Tochter des Stiftsseniors Barthold Stein verheiratet, er hatte mir ihr zwei Töchter, von denen Katharina mit dem Bürgermeister Hermann Gerleiff verheiratet war. Sie alle sind Ahnen des Reichskanzlers Otto von Bismarck.


Der "Römische Kaiser"
Der "Römische Kaiser" 

Im Stadtbuch wurde 1578 verzichtet: "Hans Köhler oder Weinschenk hat den armen Leuten im Siechenhaus um Gottes Willen geben 20 Gulden", 1579 wird er als verstorben genannt. Seine Witwe überlebte ihn lange. Erst 1613 heißt es: "Arrest auf der Weinschenkischen noch unverteilten Nachlass, vor allem der Witwen Haus und Hof" (17 N4).
Damit endet der erste Abschnitt in der langen Geschichte des Hotels "Römischer Kaiser".

Eine geschnitzte Holztafel in der Durchfahrt des "Römischen Kaisers" gibt Auskunft über alle Besitzer des "Kaisers" in über 460 Jahren.

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